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Fachartikel


Tinnitus und Ernährung – es ist nicht egal, was wir essen
von Dr. Gabriele Feyerer

Nachdem meine beiden Vorträge in der Grazer Selbsthilfegruppe auf derart viel Interesse gestoßen sind, möchte ich in den folgenden Nummern die Bedeutung der Ernährung für unsere körperliche Gesundheit und damit auch für das Tinnitus-Problem näher erläutern.

Immer mehr Menschen essen heute immer falscher und gedankenloser. So kommt es zu Überernährung oder zu Mangelzuständen mitten im Überfluss, und damit zu Allergien, Lebensmittelunverträglichkeiten und einer Reihe von ernährungsbedingten Krankheiten. Auch Tinnitus kann zu den Folgen einer dauerhaft falschen Lebensweise und Ernährung gehören bzw. wird er durch diese stark begünstigt. Nicht nur unsere Nerven, auch der Bauch hat dann „Stress“ und leitet diesen ans Gehirn und alle Organe weiter.

Vielleicht leiden Sie schon über Jahre an hartnäckigen Magenbeschwerden, einem so genannten Reizdarm oder anderen Verdauungsproblemen. Oft sind daran künstliche Lebensmittelzusätze oder Konservierungsstoffe schuld. Die Nahrungsmittelindustrie orientiert sich heute vorwiegend an Kriterien wie langer Haltbarkeit, schneller Zubereitung oder Aussehen der verkauften Waren. Dabei bleibt die Qualität auf der Strecke. Außerdem wird das Essen oft zerkocht, oder man besucht überhaupt rasch ein Fast-Food-Lokal um die Ecke, wobei die aufgenommene Nahrung zu salzig und fett ist und bereits die meisten Wertstoffe eingebüßt hat. Hinzu kommen viele Behauptungen einer „Ernährungsforschung“, die weniger auf Gesundheit, sondern eher auf Profit und marktwirtschaftliche Interessen abzielt – siehe den in Europa weit überhöhten Fleisch- und Milchkonsum, da man uns einredet, dies seien besonders gesunde und unentbehrliche Nahrungsmittel. Das bringt immer neue Probleme mit sich, die den Konsumenten erst bewusst werden, wenn bereits Krankheiten aufgetreten sind. Behauptungen, wie etwa, dass Osteoporose („schwache Knochen“) durch zu wenig Milch entstünde, oder dass Fleisch „klug“ und „stark“ macht, sollten längst ins Reich der Märchen und Mythen gehören, werden aber nach wie vor durch Industrievertreter und bezahlte Werbung unters Volk gebracht. Hier wäre mehr objektive Aufklärung dringend gefordert, und ich möchte versuchen, Ihnen die wichtigsten Fakten nahe zu bringen.

Eine grundlegende Tatsache ist, dass es in der Ernährung keine absoluten „Wahrheiten“ gibt, und überdies auch kein einziges „unentbehrliches“ Nahrungsmittel. Jeder sollte erstens auf sein Körpergefühl hören (ja, die Ohren!), und zweitens muss die hohe Qualität der verzehrten Nahrungsmittel und deren schonende, natürliche Zubereitung im Vordergrund stehen. Pflanzliche Lebensmittel sind dabei zu bevorzugen, denn nur sie enthalten jene „Licht- und Lebenskraft“, die den Menschen gesund und leistungsfähig erhält. Damit rede ich nicht einem strengen Vegetarismus das Wort, wohl aber dem gesunden Hausverstand, der Ihnen deutlich signalisieren wird, mit welcher Ernährungsform Sie sich am wohlsten fühlen. Als Getränk eignet sich immer noch frisches, natürliches Quellwasser am besten. Ansonsten (Kräuter)tee oder stark verdünnte, natürliche Fruchtsäfte. Doch selbst die….aha, nun wären wir bereits beim eigentlichen Thema, denn nicht jeder von uns verträgt alles…und was dann?

 

Allergien – wenn der Körper überreagiert

Weltweit scheinen heute Allergien zuzunehmen. Das stimmt einerseits, andererseits ist nicht alles, was so bezeichnet wird, tatsächlich eine Allergie, vor allem wenn es sich um Nahrungsmittel handelt.

Eine Hauptursache für die zunehmende Allergiebereitschaft ist das fehlende Stillen von Neugeborenen. Hier wird ein Grundstein für unzählige Gesundheitsprobleme gelegt, die durch zu frühe Gabe von ungeeigneter Nahrung entstehen. Man kann nicht oft genug betonen, dass ein Säugling sechs Monate lang ausschließlich (!) gestillt werden soll, denn vorher kann der unreife Organismus keine andere Nahrung verdauen. In Wahrheit wird meist nach spätestens drei Monaten das Stillen aufgegeben und zugefüttert. Industrielle Babynahrung aus Kuhmilch ist nur ein mangelhafter Ersatz – oft aus diversen Gründen notwendig, aber eben niemals das Beste für ein Kind. Wir sollten hier nicht klüger sein als die Natur. Ein weiterer Grund ist unser übertriebenes „modernes“ Hygienebewusstsein. So hat das Immunsystem nicht mehr die Möglichkeit, auf natürliche Weise trainiert zu werden. Auch zu viele, sorglos verabreichte Impfungen dienen kaum dem Zweck, Kinder gesünder zu machen, sondern bewirken eher das Gegenteil, wie mittlerweile genügend Studien beweisen. Zugleich steigen Hyperaktivität und andere Verhaltensauffälligkeiten an, die meist mit falscher Ernährung einhergehen.

 

Was ist eine Allergie?

Bei einer echten Allergie reagiert unser Immunsystem auf einen Stoff (Eiweißkörper oder Antigen) mit der Bildung von so genannten Immunkomplexen. Dabei kann es sich um Hausstaub (Milbenausscheidungen), Schimmel, Tierhaare, Gifte und dgl., oder aber um Pflanzenpollen oder Bestandteile von Nahrungsmitteln handeln. Dabei wird immer der Verdauungstrakt in Mitleidenschaft gezogen, denn auch unser Darm besitzt ein eigenes Immunsystem. Es werden Antikörper gegen die unerwünschten Eindringlinge gebildet und der Organismus versucht sie zu vernichten. Es läuft hier dasselbe ab, wie bei jeder Infektion, wobei aber in diesem Fall die Reaktion richtig und notwendig ist – bei Nahrungsmitteln dürfte das nicht geschehen. Hier unterliegt das Immunsystem einer Fehleinschätzung und reagiert dort, wo es nicht sollte. Weiters kann sich aus einem einfachen Heuschnupfen rasch eine Nahrungsmittelallergie entwickeln. Etwa, wenn die Körperabwehr plötzlich Obst-, Getreide- oder Gemüsesorten als „Feinde“ ansieht, weil diese botanisch in Beziehung zu den jeweils kritischen Pollenarten stehen. Man spricht dann von einer „Kreuzallergie“. Beispiel: Birkenpollenallergiker vertragen oft auch keine Äpfel, Birnen oder Steinobst sowie Nüsse. Wer auf Beifußpollen allergisch reagiert, verträgt meist auch viele Gewürze nicht.

Eine echte Allergie kann durch den so genannten anaphylaktischen Schock (völliger Kreislaufzusammenbruch) sogar lebensgefährlich werden. Das tritt häufig bei einer Erdnussallergie auf, kommt aber etwa auch bei Kuhmilch, Eiern oder Fisch vor. In der Regel sind Lebensmittelallergien nicht derart bedrohlich, wohl aber sehr lästig, und sie schädigen auf Dauer die Gesundheit (besonders häufig im Falle einer Milch- und Weizenallergie).

Wenn unser Körper ständig gezwungen ist, sich mit unverträglichen Lebensmitteln auseinanderzusetzen, wird es an verschiedensten Schwachstellen zu Funktionsstörungen kommen. Eine solche Schwachstelle kann auch das Ohr sein (Hörsturz, Tinnitus), wobei diese Schwäche wiederum auf ein (zumindest energetisches Nierenproblem) hindeutet.

Welche Symptome Lebensmittelallergien hervorrufen können, wie man sie erkennt, und was dagegen zu tun ist, darüber mehr in der nächsten Ausgabe.

© Gabriele Feyerer

 

Tinnitus und Ernährung 2 – Milchallergie: das verkannte Problem

In der letzten Folge habe ich Grundsätzliches über (Lebensmittel)allergien erklärt. Sie unterscheiden sich von so genannten Intoleranzen dadurch, dass unser Immunsystem tätig wird, um einen vermeintlichen Eindringling abzuwehren. Diesmal möchte ich näher auf den Mechanismus von Allergien und die vor allem bei Kindern immer häufiger vorkommende, echte Milchallergie eingehen:

Die Allergie stellt eine an sich gesunde Reaktion unserer Immunabwehr auf körperfremde Substanzen dar. Das können sowohl Krankheitserreger, als auch harmlose Stoffe, wie Nahrungsmittel sein. Das erste „artfremde“ Eiweiß, mit dem die meisten Menschen schon als Babys in Kontakt kommen, ist Kuhmilch. Kritisch wird es dann, wenn dieser Kontakt bereits vor dem 7. Lebensmonat erfolgt, wo ein Säugling noch voll gestillt werden sollte. Auch angepasste („adaptierte“) Babynahrung kann hier nicht verhindern, dass das unausgereifte Immunsystem stark ablehnend reagiert, da es im Grunde nur Muttermilch als unschädlich erkennt. Die Folge solcher Ernährung ist nicht selten eine lebenslange „Gereiztheit“ der Körperabwehr, welche sich in manchen Fällen als akute Allergie zu erkennen gibt, viel öfter aber nur in vagen Unverträglichkeiten, Neurodermitis, Ekzemen, ständigem Kränkeln (vor allem Schnupfen, Ohrenschmerzen, Bronchitis) und bei Erwachsenen durch Asthma oder einen so genannten Reizdarm. Wenn Eltern stolz erzählen, eine Milchallergie hätte sich bei ihrem Kind „ausgewachsen“, so übersehen sie dabei, dass dies keine Heilung bedeutet, sondern eigentlich eine Schwächung Immunsystems, welche sich notwendigerweise mit einem Nahrungsmittel arrangieren musste, das ihm aufgezwungen wird.

Milch ist also ungesund?

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. In einigen Erdteilen, wie in Nord- und Mitteleuropa, den USA oder in Indien wird sehr viel Kuhmilch konsumiert und scheinbar auch vertragen, doch hier gilt es zu unterscheiden: in Indien wird Milch „ab Kuh“ verwendet und gilt dort sogar als „Rasayana“ (Lebenselexier). Diese naturbelassene Milch, die überdies den Kindern erst nach dem 1. Lebensjahr zugemutet wird, kann man in Maßen als gesundes Nahrungsmittel ansehen. Im Norden Europas zeigen sich dagegen deutlich die Nachteile des Konsums von industriebehandelter Massenkuhmilch. In Ländern wie Schweden oder Finnland wird nämlich nicht nur am meisten Milch getrunken, es sind dort auch fast die Hälfte aller Schulkinder allergisch, und obwohl Milchtrinken angeblich Osteoporose verhindert, kommt diese in den nordischen Ländern am häufigsten vor. Was zudem feststeht: nur wenige Mütter stillen länger als 3 bis 4 Monate. Seit sich das eingebürgert hat, und überdies die Milch industriell behandelt wird, sind Allergien (aber auch die Fälle von Diabetes und Zöliakie – darüber später) sprunghaft angestiegen. Dazu existieren eindeutige Studien. Für die schwedische Autorin Ursula Jonsson war dies ein Grund, der Sache auf den Grund zu gehen, und sie stieß dabei auf die genannten Fakten – vor allem das zu frühe Abstillen und die Veränderung der Milch durch Homogenisieren (auch Babynahrung ist ein „totes“ Kunstprodukt, das durch späteres Erhitzen noch weiter entwertet wird).

Beim Vorgang des Homogenisierens, aber auch bei jeder industriellen Verarbeitung von Milch werden die Fettmoleküle zerrissen und setzen sich danach neu zusammen. An dieses Milchfett lagert sich danach strukturverändertes Eiweiß an. Vor allem kann das im Fett vorkommende Enzym Xanthine Oxidase (XO) durch Homogenisieren die Darmwände vorschnell durchdringen. Dabei fungiert  es offenbar für weitere Allergene (z. B. Gluten) wie ein Türöffner. Bei Babys ist die Darmwand generell durchlässiger, wodurch sich dieser Vorgang noch schädlicher auswirkt. Das Immunsystem reagiert dann auf die ins Blut eindringenden Molekülbruchstücke wie auf feindliche Erreger und es kommt zu Abwehr- und Entzündungsreaktionen.
 
Ursula Jonsson nannte diesen Zustand, in dem der Körper zu früh mit bestimmten Substanzen aus der Nahrung konfrontiert wurde „Basisallergie“. Mit ihr leben heute Millionen Menschen, und sie bildet die Grundlage für eine ganze Reihe ernährungsbedingter Krankheiten, deren Ursachen man sich später nicht erklären kann. Es geht hier jedoch nicht nur um die Milch, sondern auch um Getreide oder andere Stoffe, mit welchen das Immunsystem nicht fertig werden konnte und daher lebenslang auf sie abwehrend reagiert. Abhilfe kann eine Diät schaffen, aber es existieren auch homöopathische Mittel (deren Verkauf gerade heftig in Diskussion steht). Möglicherweise ist es mit diesen sogar möglich, den Körper ohne schädliche Folgen wieder an die „Basisallergene“ zu gewöhnen.

Was also tun?

Im Falle einer (akuten oder verzögerten) Milchallergie hilft nur das strenge Vermeiden von Milchprodukten. Meist handelt es sich dabei um eine Unverträglichkeit auf das Milcheiweiß Kasein, welches auch in jeder anderen Tiermilch vorkommt. Sie müsste also völlig gemieden werden, wobei es deshalb keineswegs zu Mangelerscheinungen in der Ernährung kommt, denn es gibt genügend frische, gesunde Nahrungsmittel, die sowohl Calcium, als auch alle anderen Nährstoffe enthalten. Ein Problem besteht hier in der Diagnose, denn die üblichen Allergietests zeigen nur akute Unverträglichkeiten, nicht jedoch die viel häufigere, verzögerte Reaktion auf Milch, wie sie im Konzept der „Basisallergie“ verstanden wird. Vermutlich sind in diesem Sinne fast 50 Prozent und mehr der westlichen Bevölkerung „Basisallergiker“.

Milchallergie ist nicht Laktoseintoleranz

Wichtig ist es zu unterscheiden: die heute so gerne diagnostizierte Unverträglichkeit auf Milchzucker (Laktoseintoleranz) ist keine Allergie, sondern ein Enzymmangel (darüber in einer der nächsten Folgen). Auch wenn Sie also Milchzucker vermeiden und laktosefreie Milchprodukte konsumieren, kann es sein, dass Ihre Beschwerden bestehen bleiben, weil Sie eigentlich eine (verzögerte) Milchallergie haben. Diese lässt sich aber nur mit speziellen Bluttests und durch genaues Beobachten feststellen. Falls Sie ständig unter Ekzemen, unreiner Haut, Dauerschnupfen, hartnäckigem Übergewicht, aber auch an Asthma, chronischer Müdigkeit oder gar Depressionen leiden, kann durchaus eine „versteckte“ Milchallergie die Ursache sein. Tinnitus wird in der einschlägigen Literatur ebenfalls als mögliche Folge einer „Basisallergie“ genannt, wenn keine anderen Ursachen aufzufinden sind. Sie sehen: „Forschungsarbeit“ in Bezug auf die Ernährung lohnt sich immer. Was hier noch alles im Spiel sein kann, darüber das nächste Mal mehr.

© Gabriele Feyerer

Literaturhinweis:

Ursula Jonsson: Die Basisallergie. Books on Demand 
Gabriele Feyerer: Besser leben mit Milchallergie und Laktoseintoleranz, Oesch-Verlag, Zürich 2006
 

 

Tinnitus und Ernährung 3 – Lebensmittelintoleranzen und Zusatzstoffe

In der letzten Folge ging es um die echte Milchallergie. Diese wird oft zu spät erkannt oder verharmlost. Zumindest aber sind heute Ernährungswissenschaftler und Ärzte auf der richtigen Spur, wenn sie im übertriebenen Milchkonsum der Industrieländer eine mögliche Krankheitsursache erkennen. Aktuell liegt das Augenmerk der Medizin besonders auf Unverträglichkeiten, welche in einer mangelhaften Verdauungsleistung begründet sind: so genannten Intoleranzen. Sie treten im Praxisalltag immer häufiger auf.

Laktoseintoleranz – wenn Milchzucker nicht verdaut wird

Bauchschmerzen, Krämpfe, Übelkeit, Blähungen, Mundgeruch. Ständiger Stuhl- und Harndrang (Tenesmus), sogar Herzbeschwerden oder Schlafstörungen – vielleicht auch Tinnitus. Nicht immer denkt man dabei an Milchprodukte, die doch so gesund sein sollen. Wer aber aufgrund eines Mangels an dem Enzym Laktase den Milchzucker (Laktose) im Dünndarm nicht aufspalten und verwerten kann, leidet oft über Jahrzehnte an scheinbar unerklärlichen Krankheitssymptomen. Es ist nämlich keineswegs die Regel, dass unser Darm im Erwachsenenalter noch mit Milch zurechtkommt, wir haben uns nur in großen Teilen der Erde mit der Zeit daran gewöhnt. Die Regel ist es jedoch nicht, denn in Asien oder Afrika können fast 100 Prozent der Menschen Kuhmilch so gut wie nicht verdauen. Die Folgen, zu denen auch Übergewicht gehört, zeigen sich aktuell bereits am Beispiel China.

Ein Atem- oder Bluttest bringt Gewissheit. Liegt eine Laktoseintoleranz vor, ist Milchzucker größtenteils zu meiden. Das ist nicht leicht, weil er in unzähligen Nahrungsmitteln als Aroma- und Füllstoff, Geschmackszutat oder Bindemittel verwendet wird. Frischer Yoghurt und gesäuerte Milch enthalten weniger davon und es gibt heute die ganze Palette an Milchprodukten schon ohne Laktose, doch sind das keine wirklich frischen, hochwertigen Lebensmittel mehr. Durch den Vorgang des Homogenisierens entwickelt die Milch zusätzlich ein hohes Allergiepotenzial, wobei die Behauptung, Milch wäre ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Ernährung, einfach nicht stimmt. Viel öfter ist übermäßiger Milchkonsum die Ursache von Beschwerden, die sich über Jahre hinziehen – etwa ein „Reizdarm“.


Fruktosemalabsorption (FMA) – wenn Fruchtzucker schadet

Gar nicht selten tritt diese Empfindlichkeit gemeinsam mit einer Laktoseintoleranz auf und erschwert das tägliche Leben beträchtlich, wenn sie unerkannt bleibt. Nicht nur viele Obst- und Gemüsesorten erzeugen dann Blähungen, Darmkrämpfe und Durchfall, auch Honig oder der Süßstoff Sorbit müssen gemieden werden. Sogar Vollkorngetreide kann aufgrund des Fruktosegehaltes zu Problemen führen, weil es nur mangelhaft verdaut wird. Die verträglichen Mengen muss jeder Betroffene bei einer FMA für sich selbst herausfinden.

Unangenehme Folge einer ausgeprägten FMA sind nicht selten Depressionen, weil der unverdaute Fruchtzucker auch den Serotoninhaushalt des Körpers stört. Die Gefahr, dass ein an sich körperliches Geschehen hier als rein psychisch verkannt wird, ist leider groß. Zudem besteht, vor allem für Männer, bei der FMA das erhöhte Risiko, eine Fettleber zu entwickeln. Es lohnt sich daher, bei entsprechenden Beschwerden genauer nachzuforschen.


Histaminintoleranz  (HIT) – wenn es juckt und brennt


Akute Kopfschmerzen von der geliebten Thunfischpizza mit Käse? Ein Hautauschlag durch Erdbeeren oder rohe Äpfel? Migräne vom guten Rotwein? In all diesen Fällen ist Histamin die Ursache, denn diese Nahrungsmittel enthalten viel davon oder setzen Histamin im Körper frei. Es handelt sich um dieselbe Substanz, welche auch von unseren Immunzellen bei einer Allergie ausgeschüttet wird, wenn die Haut sich rötet, juckt und brennt. Eine Histaminintoleranz ist somit für Betroffene alles andere als ein HIT. Vielmehr kann die Symptomatik sich auch in Panikattacken, Schwindel oder Herzrasen äußern. Beim Tinnitus zeigt sich besonders häufig ein Bezug zur Histaminempfindlichkeit.

HIT wird begünstigt durch die Einnahme bestimmter Medikamente (Aspirin, Antibiotika, Blutdrucksenker etc.) und einen Mangel an B-Vitaminen. Reines Wasser ist eines der besten Mittel zum raschen Abbau von Histamin, weshalb auf genügendes Trinken großer Wert zu legen ist. Oft wird auch in diesem Fall das Geschehen als psychische Störung gedeutet oder Migräneanfälle werden laufend mit starken Medikamenten behandelt. Bei einer Histaminempfindlichkeit helfen aber nur Suchdiäten und eine starke Einschränkung oder gänzliches Vermeiden der kritischen Nahrungsmittel.

Glutamat und Aspartam

Dieses „Traumpaar“ ist ständig Gegenstand heftiger Diskussionen. Es wird immer Stimmen geben, welche die Unschädlichkeit beweisen wollen. Oft reicht aber schon der Selbstversuch, um festzustellen, dass es sich hier um Zusatzstoffe handelt, die in unserer Nahrung nicht das Geringste verloren hätten. Der Geschmacksverstärker Glutamat wurde berühmt durch das „Chinarestaurant-Syndrom“ (Kopfschmerzen, Übelkeit) und fungiert nachweislich als Dickmacher, der künstliche Süßstoff Aspartam steht seit jeher im Verdacht, eine ganze Reihe von Krankheiten zu begünstigen, von Allergien und Alzheimer bis hin zu Panikattacken, Migräne oder Herzanfällen. Beide Stoffe werden auch als Auslöser von Tinnitus genannt.

Schließen wir für dieses Mal den Reigen möglicher Übeltäter, es gibt deren leider viele. Wir scheinen vergessen zu haben, dass es einmal eine wirklich gesunde Ernährung ohne Zusatz von isolierten Stoffen, Geschmacksverstärkern, Färbe- und Konservierungsmitteln gab. „Anders“ zu essen ist auch heute noch möglich, aber nicht mehr leicht, da uns die Werbung und diverse Gremien täglich mit guten Ratschlägen bombardieren, wobei die gezielte Manipulation über Medien und Verkaufsräume schon im Kindesalter ansetzt. Sinnvolles Essen wird zum Abenteuer, wobei es gilt, modernen Segnungen wie Mikrowellen, Designernahrung und Fast Food-Tempeln, aber auch manch fragwürdigem „Expertenwissen“ tunlich auszuweichen. Hier hilft nur kritische Aufklärung nach dem Motto: Fragen Sie ruhig X und Y, aber glauben Sie nicht alles, denn auch Z könnte Recht haben…

© Gabriele Feyerer


Literatur:
Gabriele Feyerer: Besser leben mit Milchallergie und Laktoseintoleranz, Oesch-Verlag, Zürich 2006
Dies.: Besser leben mit Weizenallergie und Zöliakie, Oesch-Verlag, Zürich 2008
Ursula Jonsson: Die Basisallergie, Books on Demand

 

Tinnitus und Ernährung 4 – Weizenallergie und Zöliakie

Nach der weihnachtlichen Unterbrechung meiner „Ernährungsserie“, möchte ich Ihnen nun im vierten und letzten Teil das Problem der Unverträglichkeit von Weizen bzw. Gluten näherbringen. Kaum einer, der heute nicht jemand kennt, für den Milch- und  Weizenprodukte problematisch sind oder der selbst davon betroffen ist – immer häufiger sogar in Form der Zöliakie (absolute Glutenintoleranz), die eine strenge Diät erfordert, um ernste Folgen zu vermeiden.

Weizen – das Problemgetreide

Die meisten der bei uns angebauten Getreidearten, vor allem Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste enthalten das „Klebereiweiß“ Gluten (Betonung auf dem e!). Dieser Stoff, der Brot und Gebäck so locker und luftig macht, ist Teil einer Eiweißgruppe in Getreide, welche bei empfindlichen Menschen zu Problemen führt. Vor allem mit der hohen Glutenmenge in modernem Zuchtweizen kann sich unser Körper nicht mehr anfreunden. Gluten wird außerdem, ebenso wie Milchzucker (Laktose), in der Nahrungsmittelindustrie tonnenweise als Füllstoff, Backhilfsmittel und Trägerstoff für Aromen verwendet. Wir essen im Durchschnitt bis zu 15g und mehr reines Gluten pro Tag, das ist schlichtweg zu viel.

Inzwischen zählt Weizen, neben Milch, Eiern und Fisch zu den häufigsten westlichen Nahrungsallergenen, wobei die Weizenallergie von der konventionellen Medizin mangels geeigneter Testmethoden kaum als Auslöser von Gesundheitsproblemen erkannt wird. Eine akute Allergie auf Weizen ist selten und nicht lebensgefährlich, daher schenkt man dem Problem in der Praxis zu wenig Beachtung. Werden aber bei Unverträglichkeit über Jahre hinweg dennoch große Mengen an Weizenprodukten (meist in Verbindung mit hohen Milchmengen) konsumiert, so kann dies ein Grund für zahlreiche Beschwerden sein, deren Ursache unklar bleibt: Infektanfälligkeit, Juckreiz und Hautausschläge, Bronchitis, Magen-Darmstörungen (vor allem Verstopfung), Gelenkschmerzen, Migräne, aber auch chronische Müdigkeit und ernste psychische Störungen, welche dann als „Depression“ verkannt werden. So berichtete eine Patientin, dass nach dem Meiden von Weizen ihre ständigen Alpträume aufhörten. Ob Tinnitus zu den möglichen Symptomen einer Weizenallergie gehört, ist kaum untersucht, aber keineswegs auszuschließen.

Zöliakie – nie wieder Gluten!

Eine sehr ernste Form der Glutenunverträglichkeit ist die so genannte Zöliakie, bei Erwachsenen auch „Sprue“ (gesprochen Spruh) genannt. Dieses erstmals 1888 von dem englischen Kinderarzt Samuel Gee beschriebene Krankheitsbild beruht auf einer völligen Unverträglichkeit auch kleinster Mengen an Gluten. Dieses muss streng gemieden werden, weil sich sonst bei jedem Verzehr von glutenhaltigem Getreide die Darmzotten entzünden und mit der Zeit gänzlich verflachen (Zottenatrophie). Es kann dann keine Nahrung mehr verdaut werden. Bei Kindern wird Zöliakie meist rasch erkannt, da sie abmagern, lethargisch werden und an starken Darmproblemen leiden. Das trifft jedoch nicht immer zu, weshalb sich heute die Fälle einer so genannten „stummen“ Zöliakie oder Sprue vor allem bei älteren Personen häufen. Sie zeigen nicht die typischen Magen-Darmbeschwerden, sondern eine ganze Reihe untypischer Symptome, wobei die Liste von Aphten (Mundgeschwüren) über Dauerhusten oder Schnupfen bis zu Nierenschäden, Wadenkrämpfen und unruhigen Beinen reicht. Zöliakie ist heute mit speziellen Tests sehr gut aufzuspüren und es muss lebenslang eine glutenfreie Diät eingehalten werden, denn die echte (meist genetisch bedingte) Zöliakie gilt als nicht heilbar. Ohne Diät drohen schwere gesundheitliche Schäden. Glutenfreie Lebensmittel (sie tragen das Symbol einer durchgestrichen Ähre) sind heute bereits in Supermärkten erhältlich und es gibt viele Organisationen und Selbsthilfegruppen, die Betroffenen zur Seite stehen, denn alle Lebensmittel müssen sorgfältig ausgewählt werden. Bei Zöliakie können Ohrgeräusche, vor allem bei Erwachsenen, sehr wohl zu den Symptomen gehören.

Dinkel statt Weizen?

Bereits in meinem Artikel über Hildegardmedizin habe ich den speziellen Wert des Dinkels erwähnt. Dinkel gehört zu den alten Spelzgetreidearten, ist also eigentlich kein Weizen, jedoch enthält er ebenfalls Gluten. Bei einer Weizenallergie ist Dinkel der beste Ersatz, da man alle Speisen problemlos auch mit Dinkel- statt Weizenmehl zubereiten kann. Dem Dinkel scheinen jedoch, wie von Hildegard betont, ganz besondere Kräfte innezuwohnen, möglicherweise ist er in seiner Urform selbst für Zöliakiebetroffene verträglich. Dazu existieren noch keine Forschungen, jedoch wird diese These u. a. von dem bekannten „Hildegardarzt“ Dr. Wighard Strehlow vertreten. Unbedingt ist der Genuss von Dinkel jedem Weizenallergiker anzuraten. Bei Zöliakie sollte man ihn vorsorglich lieber meiden.

Dinkel wächst ohne Düngemittel, Insektizide oder Halmverkürzer, sie schaden ihm sogar. Seine Spelzhülle schützt ihn aber auch vor Umweltgiften und Pilzbefall, sodass es sich dabei wirklich um ein wahrhaft gesundes, naturbelassenes Getreide handelt. Mit einer Dinkeldiät wurden schon Fälle von Heuschnupfen, Asthma, Darmentzündungen, Neurodermitis oder Nervenprobleme gebessert, oft sogar geheilt. Im Gegensatz zu Weizen, dessen Auszugsmehl schon Hildegard als schädlich und „verschleimend“ bezeichnete, eignet sich Dinkel auch zur Herstellung eines sehr hellen, immer noch gesunden Mehles. Das bekannte Dinkel-Habermus dürfte neben Haferbrei das gesündeste Frühstück darstellen. So wird es zubereitet:
Man gibt 1 Tasse mittelfeinen Dinkelschrot oder –flocken in 2 Tassen Wasser, lässt das Ganze vorsichtig aufkochen und danach 10 Minuten bei kleiner Hitze ausquellen. Dabei rührt man einen geriebenen Apfel ein, sowie 1-2 Teelöffel Honig oder Agavendicksaft. Mit Zimt und gehobelten Mandeln bestreut servieren. Dieses Essen wärmt den Magen und gibt Kraft für den ganzen Tag. Sehr beliebt bei Kindern.

Damit möchte ich meine Serie über Nahrungsmittelunverträglichkeiten beenden. Sie konnte nur ein kleiner Einblick in das Gebiet der Allergieforschung und Diätetik sein. Wichtig ist es, den eigenen Körper zu beobachten und dieser Wahrnehmung auch zu vertrauen. Meist merken wir sehr deutlich, was uns guttut oder unsere Verdauung schädigt. Lernen Sie wieder, auf diesen natürlichen Instinkt zu hören (!), der früher eine Selbstverständlichkeit war, denn schon Hippokrates sagte, dass unsere Nahrung zugleich ein Heilmittel sein soll. Sie würden doch Ihrem Auto kein minderwertiges Benzin zumuten? Wählen Sie daher auch für Ihren Körper nur das Beste, denn unser tägliches Essen ist sein Treibstoff!

© Gabriele Feyerer

Literaturhinweis:
Gabriele Feyerer: Besser leben mit Weizenallergie und Zöliakie, Oesch-Verlag, Zürich 2008
Ursula Jonsson: Die Basisallergie, Books on Demand, ISBN 3-8334-1798-6


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