"Kontinuierliche Gewichtszunahme nach Anwendung von drei Psychotherapieverfahren / Vorteile für zwei neue spezielle Therapieverfahren / Wissenschaftler der Psychosomatischen Unikliniken Tübingen und Heidelberg publizieren im „LANCET“
Erwachsene magersüchtige Patientinnen, die nicht zu schwer erkrankt sind, können mit psychotherapeutischer Behandlung erfolgreich ambulant behandelt werden; auch nach Therapieende nehmen sie weiterhin deutlich an Gewicht zu. Zwei neue psychotherapeutische Verfahren bieten hierzu verbesserte Therapiechancen. Allerdings kann einem Viertel der Patientinnen nicht schnell geholfen werden. Dies hat die weltweit größte Therapiestudie zur Magersucht gezeigt, die heute (14.10.2013) in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wurde. Die ANTOP-Studie („Anorexia Nervosa Treatment of Out Patients“) wurde an zehn deutschen universitären Ess-Störungszentren unter Federführung der Abteilungen für Psychosomatische Medizin der Universitätskliniken Heidelberg (Leitung: Prof. Dr. Wolfgang Herzog) und Tübingen (Leitung: Prof. Dr. Stephan Zipfel) durchgeführt.
Psychotherapie ist als Therapie der Wahl der Magersucht anerkannt und wird in Deutschland als Leistung der Krankenkassen bezahlt. Allerdings fehlten bislang große klinische Studien, die die Wirksamkeit verschiedener Therapieverfahren vergleichend untersuchten. Dies steht im krassen Widerspruch zur Schwere der Erkrankung.
Die Anorexia nervosa – Magersucht: die gefährlichste psychische Erkrankung
„Im Langzeitverlauf führt die Magersucht in bis zu 20 Prozent zum Tode – damit ist sie die gefährlichste aller psychischen Erkrankungen. Betroffene leiden zudem oft ihr ganzes Leben lang unter psychischen oder körperlichen Folgen der Magersucht“, erklärt Professor Zipfel. Überzeugende Untersuchungen zu spezifischen Therapieprogrammen fehlen bislang. Außerdem ist weitgehend ungeklärt, welche Form der Psychotherapie am effektivsten ist. „Gut kontrollierte, klinische Studien mit hoher Aussagekraft sind vor allem im ambulanten Bereich selten und bereiten große Probleme“, so Professor Herzog.
An Magersucht leiden etwa ein Prozent der Bevölkerung; betroffen sind fast ausschließlich Mädchen oder junge Frauen. Magersüchtige Patientinnen sind sehr untergewichtig aufgrund von anhaltender Nahrungsverweigerung und häufig ausgeprägtem Bewegungsdrang. Selbst herbeigeführtes Erbrechen, der Gebrauch von Abführmitteln, harntreibenden Medikamenten oder Appetitzüglern tragen weiter zum Gewichtsverlust bei. Das Körpergewicht der Patientinnen beträgt höchstens 85 Prozent des Normalgewichtes (Body Mass Index, BMI, von weniger als 17,5 kg/m²). Die Betroffenen haben große Angst vor einer Gewichtszunahme; zudem liegt eine gestörte Wahrnehmung der eigenen Figur vor. Oft leiden sie unter weiteren psychischen Störungen wie Depression, Angst- und Zwangsstörungen.
Behandlung durch erfahrene Psychotherapeuten in Zusammenarbeit mit Hausärzten
Die ANTOP-Studie, bei der 242 erwachsene Patientinnen insgesamt 22 Monate (10 Monate Therapie, 12 Monate Nachbeobachtung) begleitet wurden, lässt nun erstmals wissenschaftliche Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit verschiedener Psychotherapien zu. Bei drei Gruppen von 82 bzw. je 80 Patientinnen kam jeweils ein anderes ambulantes Psychotherapieverfahren zum Einsatz. Dabei handelte es sich um zwei neue psychotherapeutische Verfahren, die speziell für die ambulante Behandlung dieser Erkrankung entwickelt worden waren, und eine optimierte Form der derzeit praktizierten Standard-Psychotherapie. Für die spezifischen Therapien wurden gemeinsam mit internationalen Ess-Störungsexperten Behandlungsmanuale entwickelt. Sie umfassten 40 ambulante Einzelsitzungen über einen Zeitraum von zehn Monaten.
Bei allen 242 Patientinnen führten speziell ausgebildete Psychotherapeuten die Therapien mit den Patientinnen durch. Die Hausärzte waren über die Therapie informiert und in die Behandlungen eingebunden; so wurden die Patientinnen zumindest einmal pro Monat von Ihrem Hausarzt untersucht. Rund ein Drittel der Patientinnen musste wegen schlechten Gesundheitszustands vorübergehend stationär aufgenommen werden; etwa ein Viertel der Patientinnen nahmen nicht bis zum Ende an der Behandlung teil [...]"
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http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ShowSingleNews.176.0.h...Quelle: www.klinikum.uni-heidelberg.de 15.10.2013