Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment fordert zentrales Datenportal zur transparenten Offenlegung von finanziellen Zuwendungen
Wien (OTS) - Nach eigenen Angaben haben Pharmafirmen österreichische PatientInneninitiativen im Jahr 2016 mit insgesamt 1,4 Mio. Euro – genau 1.435.059 Euro – unterstützt. 2015 lag die Gesamtsumme der Offenlegungen noch bei 1,7 Mio. Euro, für das Jahr 2014 wurden Sponsorengelder in der Höhe von 1,1 Mio. Euro offengelegt. Die höchsten Summen gingen dabei in allen drei Jahren an die Österreichische Hämophilie Gesellschaft und die Österreichische Multiple Sklerose Gesellschaft.
Diese Zahlen wurden aktuell vom Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment (LBI-HTA) erhoben. Während es von 2014 auf 2015 zu einer deutlichen Steigerung der Offenlegungen (plus 50 Prozent) kam, ging die Bereitschaft zur Offenlegung im Jahr 2016 wieder zurück. Ob einige Firmen sich aus dem Sponsoring zurückgezogen haben oder finanzielle Zuwendungen nicht (mehr) deklarieren, lässt sich aus den erhobenen Daten nicht feststellen.
""PatientInnen- und Selbsthilfegruppen sind auf die Unterstützung von Pharmafirmen angewiesen. Auf der anderen Seite benötigen PatientInnen und Angehörige die Garantie, dass Beratung und Hilfe unabhängig durchgeführt werden und dazu bedarf es Transparenz bei den Geldflüssen. Die Bringschuld, Sponsorengelder offenzulegen, liegt hier sowohl bei den Pharmafirmen als auch bei den PatientInnenorganisationen"", stellt Priv.-Doz. Dr. Claudia Wild, Leiterin des LBI-HTA fest.
Seit 2009 legen die Mitgliedsunternehmen der PHARMIG, der Interessensvertretung der pharmazeutischen Industrie Österreichs, ihre Zahlungen an PatientInnenorganisationen im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zu mehr Transparenz offen. Nach wie vor kommt allerdings nur rund ein Drittel der Pharmafirmen dieser Verpflichtung nach. ""Wir können anhand unserer Auswertungen nicht ablesen, ob sämtliche Zahlungen offengelegt wurden, oder ob einige Firmen auf die Veröffentlichung vielleicht vergessen"", so Claudia Wild.
""Für eine bessere Nachvollziehbarkeit wäre im Sinne der Transparenz ein zentrales Datenportal sinnvoll, auf dem alle Daten in einem einheitlichen Format an einem gemeinsamen Stichtag ohne nachträgliche Änderungsmöglichkeit veröffentlicht werden. Auch sollte der Unterschied zwischen keinem Sponsoring und keiner Angabe ersichtlich sein"", ergänzt Wild.
Kaum Bewusstsein zur Offenlegung bei PatientInneninitiativen
Während die Pharmafirmen sich selbst zur – bei Nichtbefolgung allerdings sanktionslosen – Offenlegung verpflichten, hinken die PatientInnenorganisationen bei diesem Thema noch immer hinterher. Auf kaum einer Website von PatientInneninitiativen ist ausgewiesen, wieviel Geld sie von wem und wofür erhalten haben, bestenfalls sind Logos der Partner und Sponsoren angeführt.
Zu den größten Unterstützern im Jahr 2016 zählten Roche (185.590 Euro), Pfizer (177.292,98 Euro), Abbvie (127.822,87 Euro), Novartis (125.230 Euro) und CSL Behring (101.086 Euro). Die meisten Zuwendungen (insgesamt 72 Prozent) gingen an PatientInnenorganisationen in den Bereichen Onkologie und Hämatologie, Neurologie, Lunge, Hämophilie und Rheumatologie.
Im Dreijahresvergleich zeigt sich, dass immer dieselben PatientInneninitiativen gleichbleibend hohe Sponsorengelder erhalten. Neben den Spitzenreitern Österreichische Hämophilie Gesellschaft (im Schnitt mehr als 180.000 Euro pro Jahr) und Österreichische Multiple Sklerose Gesellschaft (im Schnitt mehr als 120.000 Euro pro Jahr) sind es nur neun weitere PatientInnenorganisationen, die jährlich Summen über 40.000 Euro an Zuwendungen von Pharmafirmen lukrieren. Einzelne PatientInneninitiativen erhielten im Lauf der drei Jahre dennoch hohe Zuwendungszuwächse mit Steigerungsraten von teils weit über 100 Prozent. Die höchsten Zunahmen lagen hier im Bereich Lunge bei den Initiativen Lungenkrebsforum Austria und LOT Austria.
www.hta.lbg.ac.at
Publikationen
Gregor-Patera, N., Petersen, P. und Wild, C. (2017): Sponsoring von PatientInneninitiativen in Österreich 2016. Update zu den systematischen Analysen 2015 und 2014. Rapid Assessment 007b_2. Update 2017; http://eprints.hta.lbg.ac.at/1132/
Petersen, P. und Wild, C. (2017): Sponsoring von PatientInneninitiativen in Österreich 2015. Update zur systematischen Analyse 2014. Rapid Assessment 007b_1. Update 2017; http://eprints.hta.lbg.ac.at/1125/
Wild, C., Khan, A. und Erdos, J. (2015): Sponsoring von PatientInneninitiativen in Österreich. Systematische Analyse. Rapid Assessment 007b; http://eprints.hta.lbg.ac.at/1072/
Ludwig Boltzmann für Institut Health Technology Assessment
Das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment mit Sitz in Wien ist ein Forschungsinstitut, das sich systematisch mit HTA beschäftigt. Es bietet mit seinen Forschungsberichten Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen für einen effizienten und angemessenen Ressourceneinsatz. Interdisziplinarität und internationale Vernetzung garantieren einen aktuellen Wissensstand, der von der nötigen Transparenz in der Methodik begleitet wird. Die 17 Beschäftigten kommen aus den Bereichen Medizin, Biologie, Public Health, Sozialmedizin, Gesundheitsökonomie, Gesundheitsmanagement, Psychologie, Psychotherapie, Ernährungswissenschaft, Medizintechnik und Sozialwissenschaft.
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